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Der Vergleich von Äpfel und Birnen bei Cobot Applikationen

Andreas Schunkert • 26. September 2023

2004 und damit vor fast 20 Jahren wurde der erste kollaborative Roboter, der LBR 3 verkauft. Da sollte man doch meinen, dass wir heute im Jahr 2023 kollaborative Roboter sicher einsetzen können und es umfängliche Regeln gibt, welche den Einsatz in den unterschiedlichsten Applikationen genau definieren.


Leider ist es jedoch nicht ganz so. Zwar wurde 2016 (12 Jahre nach dem ersten Cobot auf dem Markt) die ISO TS 15066, mit Regeln für die Anwendung von kollaborativen Roboterapplikationen, veröffentlicht. Jedoch unterscheidet diese in ihrer Betrachtung nicht wirklich Applikationen bei denen ein Cobot tatsächlich 24/7 Seite an Seite mit einem Mitarbeiter zusammen arbeitet und solche Anwendungen, bei denen der Roboter zwar ohne Schutzzaun arbeitet aber eigentlich weit und breit kein Mitarbeiter in der Nähe ist.


Schaut man in die ISO 12100 - Sicherheit von Maschinen - Risikobeurteilung und Risikominderung, so findet man dort, dass sich das Risiko aus den Faktoren "Schwere der möglichen Verletzung" und der "Wahrscheinlichkeit des Auftretens" zusammen setzt. Im letzteren Faktor sind die Aufenthaltsdauer im Gefahrenbereich, die Frequenz mit der man in den Gefahrenbereich eintritt und die Möglichkeit der Vermeidung des Schadens inkludiert.


Schaut man nun in die ISO TS 15066, so findet sich dort in der Anlage A eine Auflistung an Kräften und Drücken welche den Schmerzeintritt definieren. Diese Werte werden nun seit Jahren für alle kollaborierenden Applikationen gleicher-maßen heran gezogen und als Obergrenze gesetzt. Ganz gleich ob die Applikation eine hohe Wahrscheinlichkeit einer Kollision zwischen Mensch und Roboter aufweist, da sich ein Mitarbeiter im normalen Arbeitsprozess ständig in der Nähe des Roboters aufhält, oder ob die Wahrscheinlichkeit eher gering ist, da der Cobot für sich alleine arbeitet und nur alle paar Stunden mal ein Mitarbeiter vorbei schaut und z.B. ein neues Tray bei einer Maschinenbeladung einlegt. Das Betrachten beider Applikationen mit den gleichen Maximalwerten für Kraft und Druck kommt mit Hinblick auf die oben beschriebene Ermittlung des Risikos nach ISO 12100 dem berühmten Vergleichen von Äpfel und Birnen gleich!

Nehmen Sie einmal an, sie bewerten die Klemmung einer Hand nach der oben genannten ISO TS 15066. Nachfolgend ist hierzu ein Auszug aus der Anlage 1 dargestellt. Wie Sie sehen, wird hier die maximale Kraft mit 140N für eine Klemmung und einem transienten Faktor von 2 beziffert. Der transiente Faktor bezieht sich dabei auf eine zulässige Überhöhung in den ersten 0,5 Sekunden. Es dürfte so also bei einer Messung in einer Applikation 280N in den ersten 0,5 Sekunden auftreten und 140N nach 0,5 Sekunden. Liegt einer der beiden gemessenen Werte über diesen Werten so wäre die Applikation nach dieser Technischen Spezifikation (TS) als nicht sicher zu bewerten.

Auszug aus der Anlage A der ISO TS 15066


Angenommen es würden bei der Messung nun 200N innerhalb der ersten 0,5 Sekunden und 100N nach 0,5 Sekunden als statische Klemmkraft gemessen. Und den gleichen Wert würde man auch in einer anderen Applikation messen. Unterscheiden sich nun jedoch die Wahrscheinlichkeiten für eine Klemmung der Hand, weil in der einen Applikation ein Mitarbeiter 24/7 mit dem Roboter zusammen arbeitet und in der anderen Applikation nur alle vier Stunden ein Mitarbeiter für ca. 15 Sekunden in den Bereich des Roboters tritt um ein Tray zu wechseln, so ergibt sich daraus, dass das Risiko in der zweiten Applikation weit geringer ist. Würde es daher nicht Sinn machen, bei solch unterschiedlichen Applikationen auch mit zweierlei Maß zu messen? Durchaus möchte man sagen. Alles andere entspräche nicht der Logik und auch nicht der ISO 12100.

Das Problem war nur bis dato, dass es keinen zweiten Datensatz gab auf welchen man sich beziehen konnte. Die Werte der ISO TS 15066 wurden seinerzeit im Auftrag der DGUV und der Berufsgenossenschaft Holz und Metall vom arbeitsmedizinischen Institut der Johannes Gutenberg Universität in Mainz ermittelt. Man hat aus diesen Werten zwei Erkenntnisse gewonnen:


  1. Beim Überschreiten der genannten Werte tritt der Schmerz ein und
  2. so lange die Werte nicht überschritten werden, tritt keine Verletzung ein


Und genau der zweite Punkt ist hier der wichtige Punkt. Zwar könnte man argumentieren, dass die Maschinenrichtlinie die Anforderung stellt, dass eine Maschine keine Person verletzen darf, jedoch dort an keiner Stelle von Schmerz gesprochen wird. Ein "über den Schmerzeintritt hinaus gehen" widerspricht damit nicht automatisch der Maschinenrichtlinie. Jedoch gab es keine Studien zu Werten, bis zu denen man gehen könnte ohne das eine Verletzung eintritt und war damit an die Werte der ISO TS 15066 gebunden, da man nur beim Einhalten dieser Werte sicher sagen konnte, dass KEINE Verletzung eintreten kann.


Neue Hoffnung aus Südkorea

Nun sind seit der Veröffentlichung der ISO TS 15066 schon wieder einige Jahre vergangen und mittlerweile wurden verschiedene neue Studien durch geführt. Eine sehr vielversprechende Studie kommt hier aus Südkorea, welche auch schon Einzug die nationale südkoreanische Norm KOROS 1162-1 gefunden hat.

In der genannten Studie wurden statt der Schmerzeintrittsschwellen die sog. Schmerztoleranzschwellen ermittelt. Also ein Schmerzwert, den ein Person noch toleriert. Diese Werte liegen erwartungsgemäß über den Werten für den Schmerzeintritt aus der ISO TS 15066. Auch hier ist ein wichtiger Aspekt der Studie, dass bei Einhaltung dieser Werte noch immer keine Verletzung auftritt. Ein Überschreiten der Werte der ISO TS 15066 ist damit theoretisch machbar. Das nachfolgende Diagramm stellt einmal die Kraftwerte für Schmerzeintritt und Schmerztoleranz gegenüber.


Gegenüberstellung Kraftwerte ISO TS 150066 vs. KOROS 1162-1


Nun soll natürlich nicht komplett auf die Werte der Schmerzeintrittsschwellen der ISO TS 15066 verzichtet werden. Diese sind gerade bei Applikationen bei welchen Mensch und Roboter 24/7 Seite an Seite arbeiten noch immer als absoluter Maßstab heran zu ziehen. Jedoch eröffnet der weitere Werte-Satz aus Südkorea die Möglichkeit unterschiedliche Applikationen auch unterschiedlich zu bewerten und somit nicht weiter Äpfel und Birnen zu vergleichen. Man hat somit einen Satz Werte für die "Apfel"-Applikationen und einen anderen Satz für die "Birnen"-Applikationen. Darüber hinaus kann man sich natürlich sowohl mit den Applikationen als auch mit den Werten zwischen Äpfeln und Birnen bewegen!

Wir von Cobot Safety finden, dass dies genau der richtige Weg ist um kollaborative Applikationen in Zukunft sinnvoller einsetzen zu können!


von Andreas Schunkert 30. Dezember 2024
Die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) ist ein zentrales Element der in Deutschland geltenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzgesetzgebung. Sie regelt die Anforderungen an die Sicherheit und den Gesundheitsschutz beim Betrieb von Arbeitsmitteln, insbesondere Maschinen. Dabei trägt der Betreiber eine erhebliche Verantwortung, um die Sicherheit seiner Mitarbeiter zu gewährleisten. In diesem Blogbeitrag möchten wir gerne die wesentlichen Aspekte der Betreiberpflichten zusammenfassen: 1. Allgemeine Pflichten des Betreibers 1.1 Sicherheitsverantwortung Der Betreiber von Maschinen ist dafür verantwortlich, dass die Maschinen und Arbeitsmittel, die er einsetzt, sicher sind. Dies bedeutet, dass er vor der Inbetriebnahme eine Gefährdungsbeurteilung durchführen muss. Diese Beurteilung soll potenzielle Risiken identifizieren und geeignete Schutzmaßnahmen festlegen. 1.2 Dokumentation Der Betreiber einer Maschine muss alle sicherheitsrelevanten Dokumente ordnungsgemäß führen, einschließlich der Gefährdungsbeurteilungen, Betriebsanleitungen, Wartungsprotokolle und Prüfberichte. Diese Dokumentation muss auf dem neuesten Stand sein und für die Aufsichtsbehörden sowie für die Mitarbeiter zugänglich sein. 1.3 Schulung und Unterweisung Ein wesentlicher Punkt für die Sicherheit am Arbeitsplatz ist die Schulung der Mitarbeiter. Der Betreiber muss sicherstellen, dass alle Benutzer der Maschinen über die nötigen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen. Hierzu gehört auch die regelmäßige Unterweisung in dem sicheren Umgang mit den jeweiligen Maschinen. 1.4. Gefährdungsbeurteilung Die Gefährdungsbeurteilung ist ein wesentlicher Bestandteil des Arbeitsschutzes und dient der Identifikation und Bewertung von Gefahren am Arbeitsplatz. Sie ist nicht nur gesetzlich gefordert, sondern auch entscheidend, um geeignete Schutzmaßnahmen festzulegen und die Sicherheit der Mitarbeiter zu gewährleisten. Folgendes sollte in einer Gefährdungsbeurteilung enthalten sein: a. Identifikation von Gefahren Maschinen und Arbeitsmittel: Alle verwendeten Maschinen müssen auf ihre potenzielle Gefahren untersucht werden, z.B. mechanische Gefahren (z.B. bewegliche Teile), elektrische Gefahren (z.B. Stromschlaggefahr) und thermische Gefahren (z.B. heiße Oberflächen). Arbeitsabläufe: Analyse der Arbeitsprozesse und -hierarchien, um Gefahren zu identifizieren, die während der verschiedenen Phasen des Betriebs auftreten können. Umgebungsbedingungen: Berücksichtigung der Arbeitsumgebung, einschließlich Beleuchtung, Lärm, chemische Exposition und ergonomische Aspekte. b. Bewertung der Gefährdungen Risikobewertung: Einschätzung der Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines Schadens sowie der Schwere potenzieller Verletzungen oder Gesundheitsgefährdungen. Diese Bewertung sollte mithilfe eines klaren Bewertungssystems (z.B. Punkteskala von 1 bis 5) erfolgen. Kategorisierung von Risiken: Die identifizierten Gefährdungen können in Kategorien eingeteilt werden, z.B. hoch, mittel oder gering, um Prioritäten bei der Umsetzung von Schutzmaßnahmen festzulegen. c. Festlegung von Schutzmaßnahmen Technische Maßnahmen: Implementierung technischer Lösungen, z.B. die Installation von Schutzeinrichtungen, Absperrungen, oder die Verwendung von Sicherheitssoftware zur Überwachung von Maschinen. Organisatorische Maßnahmen: Anwendung von organisatorischen Strategien, die die Arbeitsweise ändern, z.B. Rotation von Arbeitern, um die Belastung zu minimieren, oder die Einführung von Arbeitsanweisungen. Persönliche Schutzausrüstung (PSA): Sicherstellung, dass angemessene PSA zur Verfügung gestellt wird, wie Helme, Handschuhe, Schutzbrillen und Gehörschutz. d. Dokumentation der Ergebnisse Berichterstattung: Alle Schritte der Gefährdungsbeurteilung, einschließlich der identifizierten Gefahren, der durchgeführten Bewertungen und der festgelegten Maßnahmen, sollten dokumentiert werden. Diese Dokumentation muss vollständig und nachvollziehbar sein. Aktionsplan: Erstellen eines klaren Aktionsplans, der Verantwortlichkeiten, Fristen und Ressourcen für die Umsetzung der Schutzmaßnahmen festlegt. e. Überprüfung und Aktualisierung Regelmäßige Überprüfung: Die Gefährdungsbeurteilung muss regelmäßig überprüft und aktualisiert werden, insbesondere wenn sich Arbeitsbedingungen ändern (z. B. neue Maschinen, Technologien oder Arbeitsabläufe). Feedback von Mitarbeitern: Einholung von Rückmeldungen von den Mitarbeitern kann helfen, zusätzliche Gefahren zu identifizieren und die Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen zu bewerten. 2. Behandlung von Schutzeinrichtungen 2.1. Trennende Schutzeinrichtungen Trennende Schutzeinrichtungen (wie Schutztüren oder Schutzabdeckungen) dienen dazu, den Zugang zu gefährlichen Maschinenbereichen während des Betriebs zu verhindern. Die Betreiberpflicht umfasst: Konstruktive Sicherheit: Diese Einrichtungen müssen sicher und stabil sein und dürfen nicht leicht entfernt oder manipuliert werden. Funktionsprüfung: Der Betreiber muss sicherstellen, dass diese Einrichtungen regelmäßig auf ihre Funktion überprüft werden. 2.2. Nicht trennende Schutzeinrichtungen Nicht trennende Schutzeinrichtungen sind Anlagenteile, die den Arbeitsbereich einer Maschine oder Anlage überwachen, ohne den Zugang zu gefährlichen Bereichen vollständig zu verwehren. Beispiele für solche Einrichtungen sind Sicherheitsmatten, Sicherheitslichtvorhänge oder Laserscanner. 2.2.1 Prüfung von nicht trennenden Schutzeinrichtungen Bei der Prüfung nicht trennender Schutzeinrichtungen sind folgende Aspekte zu berücksichtigen: a. Funktionsprüfung: Regelmäßige Tests: Die Funktionalität der Schutzeinrichtungen sollte regelmäßig getestet werden. Mindestanforderung ist eine jährliche Überprüfung, die den sicheren und ordnungsgemäßen Betrieb sicherstellt. Überprüfung der Reaktionszeit: Es muss getestet werden, ob die Schutzeinrichtung innerhalb der vorgeschriebenen Reaktionszeit auf eine Unterbrechung (z. B. das Betreten des Gefahrenbereichs) entsprechend reagiert. b. Sichtprüfung: Mechanische Integrität: Sichtprüfungen sollten regelmäßig durchgeführt werden (z. B. monatlich oder vierteljährlich), um sicherzustellen, dass die Schutzeinrichtungen unbeschädigt und sicher installiert sind. Zustand der Sensoren: Überprüfung der Sensoren auf Verschmutzung oder Beschädigung. Beispielsweise sollten Lichtschranken frei von Hindernissen sein, die die Erkennung beeinträchtigen könnten. c. Einstellungen und Kalibrierung: Sicherstellung korrekter Einstellungen: Die Einstellungen der Schutzeinrichtungen sollten regelmäßig (mindestens jährlich) überprüft und gegebenenfalls kalibriert werden, um sicherzustellen, dass sie korrekt arbeiten. Dokumentation der Einstellungen: Jeder Kalibrierungsvorgang sollte dokumentiert werden, um eine lückenlose Nachverfolgbarkeit der durchgeführten Prüfungen zu gewährleisten. d. Sicherheitseinstellungen: Prüfung der Sicherheitsfunktionen: Überprüfung, ob alle festgelegten Sicherheitsfunktionen aktiv sind und korrekt arbeiten. Dies schließt auch das Testen der Not-Halt-Funktion ein. e. Schulung der Mitarbeiter: Regelmäßige Unterweisungen: Mitarbeiter sollten regelmäßig in der Handhabung und den Funktionen der Schutzeinrichtungen geschult werden, um das Bewusstsein für die Bedeutung sicherer Arbeitspraktiken zu schärfen. 2.2.2 Prüfintervall Jährliche Hauptprüfung: Nicht trennende Schutzeinrichtungen sollten mindestens einmal jährlich einer umfassenden Prüfung unterzogen werden. Hierzu zählt u.a. eine Nachlaufmessung an Laserscannern und Lichtvorhängen sowie eine Überprüfung der Kollisionskräfte bei kollaborierenden Roboterapplikationen mit Kraft- und Leistungsbegrenzung. Interne Sichtprüfungen: Neben der jährlichen Hauptprüfung sind regelmäßig (z.B. monatlich) durchgeführte Sichtprüfungen notwendig, um die alltägliche Funktionsfähigkeit zu gewährleisten. Prüfungen nach Änderungen: Nach wesentlichen Änderungen an der Maschine oder der Arbeitsumgebung (z.B. nach einem Umbau oder der Installation neuer Maschinen) sollten die Schutzeinrichtungen umgehend wieder überprüft werden. 2.3. Dokumentation der Prüfungen Alle durchgeführten Prüfungen und Wartungsmaßnahmen müssen dokumentiert werden. Diese Dokumentation ist nicht nur für interne Zwecke wichtig, sondern auch bei möglichen Prüfungen durch Aufsichtsbehörden. 3. Strafen bei Nichtbeachtung Die Nichteinhaltung der Betreiberpflichten nach der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) kann gravierende Konsequenzen nach sich ziehen. Diese reichen von Bußgeldern über Haftungsfragen bis hin zu Betriebsstilllegungen. Hier sind einige Beispiele, die verdeutlichen, welche Strafen und Konsequenzen bei Verstößen gegen die BetrSichV auftreten können: 3.1. Bußgelder Beispiel 1: Ein Maschinenbauunternehmen in Nordrhein-Westfalen wurde mit einem Bußgeld von 50.000 Euro belegt, nachdem bei einer Inspektion der Aufsichtsbehörde festgestellt wurde, dass die vorgeschriebenen jährlichen Prüfungen der sicherheitsrelevanten Maschinenbauteile nicht durchgeführt wurden. Die Aufsichtsbehörde stellte fest, dass dies zu einem erheblichen Risiko für die Mitarbeiter führte. Beispiel 2: Ein Betriebsleiter in Bayern erhielt ein Bußgeld von 30.000 Euro, weil dieser es versäumt hatte, die Gefährdungsbeurteilung für eine neue Produktionslinie zu aktualisieren, nachdem wesentliche Änderungen an der Maschinenkonfiguration vorgenommen worden waren. Dies führte zu Gefahren, die die Sicherheit der Mitarbeiter gefährdeten. 3.2. Haftung im Schadensfall Beispiel 3: In einem metallverarbeitenden Betrieb kam es zu einem schweren Unfall, als ein Arbeiter aufgrund eines nicht korrekt funktionierenden Sicherheitslichtvorhang schwer verletzt wurde. Untersuchungen zeigten, dass der Betreiber die regelmäßigen Prüfungen nicht durchgeführt hatte. Der Betrieb wurde nicht nur mit hohen Schadensersatzforderungen konfrontiert, sondern auch die Verantwortlichen mussten sich strafrechtlichen Konsequenzen stellen, unter anderem wegen fahrlässiger Körperverletzung. 3.3. Betriebsstilllegungen Beispiel 4: Eine Produktionsstätte wurde von der Gewerbeaufsicht geschlossen, nachdem festgestellt wurde, dass die Sicherheitsvorschriften bezüglich der Lagerung von gefährlichen Stoffen wiederholt missachtet worden waren. Die mangelnde Einhaltung der BetrSichV hatte zu einem hohen Risiko für die Mitarbeiter und die Umwelt geführt, was die sofortige Schließung des Betriebs zur Folge hatte. Beispiel 5: In einem Holzverarbeitungsbetrieb musste die gesamte Anlage stillgelegt werden, weil die Auswertung einer Gefährdungsbeurteilung gezeigt hatte, dass die bestehenden Schutzzäune und Absperrungen nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprachen. Der Betreiber konnte während der Schließung hohe Einnahmeverluste verzeichnen, bevor die notwendigen Anpassungen und Prüfungen durchgeführt und die Genehmigung zur Wiederinbetriebnahme erteilt wurde. Fazit Die BetrSichV legt umfassende Anforderungen an die Betreiber von Maschinen und Arbeitsmitteln fest, um den Schutz der Mitarbeiter und die Sicherheit am Arbeitsplatz zu gewährleisten. Die verantwortungsvollen Betreiber müssen sicherstellen, dass: Alle Maschinen und sicherheitsrelevanten Komponenten regelmäßig geprüft und gewartet werden. Eine klare Dokumentation aller durchgeführten Maßnahmen vorliegt. Die Mitarbeiter kontinuierlich geschult und über die Gefahren sowie den sicheren Umgang mit Maschinen informiert werden. Die Schutzeinrichtungen ordnungsgemäß installiert und regelmäßig funktionsgeprüft werden, damit sie ihre Schutzfunktion jederzeit erfüllen. Die Nichteinhaltung dieser Pflichten kann nicht nur rechtliche Konsequenzen in Form von Bußgeldern und Betriebsschließungen nach sich ziehen, sondern auch zu schweren Unfällen führen, die das Wohl der Mitarbeiter gefährden. Daher sollten Betreiber stets höchste Priorität auf die Umsetzung der Vorschriften der BetrSichV legen und gegebenenfalls externe Fachkräfte hinzuziehen, um die Compliance und Sicherheit zu gewährleisten. Sollten Sie weitere Informationen zu bestimmten Aspekten der BetrSichV oder zu anderen Themen benötigen, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung!
von Andreas Schunkert 4. Dezember 2024
Safe implementation of collaborative robot applications The word ‘cobot’ has been an integral part of automation concepts in large, medium and small enterprises in all industries for several years now. Nevertheless, there are very often gaps in knowledge and misunderstandings in this area when it comes to the handling, characteristics and possibilities of this technology. The intention of this blog post is to help users of this technology to get a better understanding of the world of collaborative robotics and will hopefully help to get more safe implementations of fenceless robot applications. The word cobot In one of our previous blog posts, which you will find, following this link , we already dealt with the term ‘cobot’. We already pointed out that this term is misleading, as it implies that the robot itself is always safe. But the fact is, even the most sensitive robot with a knife in its gripper can cause serious injuries. The collaborative robot itself therefore does not exist, only collaborative robot applications, and whether these are actually safe must be clarified as part of a risk assessment. You can also find an informative blog post on the topic of risk assessment here . Types of collaborative applications EN ISO 10218-1/-2:2011 currently specifies four different types of collaboration. These are in particular Safety rated monitored stop (e.g. applications in which a laser scanner brings the robot to a safe standstill when a person enteres the robot working area) Handguided control (with direct control of the robot at the end effector, e.g. by means of a force/torque sensor. A three-position enabling device on the end effector is also reuired in these kind of applications) Speed and seperation monitoring (the robot slows down the closer a person gets to the robot) Power and Force limiting (the robot recognises an unintended collision and stops without injuring the person) However, the new ISO 10218-1/-2 (to be published in 12/2024) no longer includes these types of collaboration. Ultimately, the new standard only defines, what is meant by collaboration. It is important to note that there is NO definition of a collaborative robot in this new standards, only the definition of a collaborative robot application. According to this standard, a collaborative robot application is an application that contains one or more collaborative tasks. A collaborative task is defined as follows: ‘Part of the robot sequence where both the robot application and the operator(s) are in the same safeguarded space’ This means, if an operator or a person is able to enter into the robot's workspace, either completely or with parts of his body, while the robot is operating in this space, it is defined as a collaborative application. In most cases, this will be achieved by using the above mentioned method of power and force limiting. But how could such an application be implemented safely? In this blog post, we deliberately do not want to go into the evaluation of an application as part of a subsequent force and pressure measurement, as this would go beyond the scope of a blog post. Instead, we would like to give you a few recommendations on what you should keep in mind when implementing a collaborative robot application. Consult experts First of all, it is ultimately up to you to decide whether you are confident enough to implement such an application safely on your own and also prepare the associated risk assessment at the end by yourself. However, if you are considering having the risk assessment carried out by external experts, such as e.g, our company Cobot Safety, then do yourself and us a favour - please don't wait until the end of your project to call in external expertise. We at Cobot Safety, as well as our competitors, don't like to be the spoilsport who tells you in the end that the application is quite nice, but ultimately will not receive a positive risk assessment and therefore no declaration of conformity in accordance with the EG Machinery Directive. The costs of changes to implement safety concepts that will achive a positive risk assesment will be much higher, if you do your changes in the end of the process. Safe your money and get your external experts on board as early as possible. We and our competitors in the field of risk assessments generally welcome, if customers contact us with a concept idea and we will have the possibility to advise you in an early stage of your project. The most sensitive topic - the head area When it comes to collaborative robot applications, everyone has certainly heard or allready had the discussion about the head area. You may often heared that collisions with the head area are prohibited and that a safe application without a safety fence is only possible if a collision with the head can be completely ruled out. However, the problem about this topic is usually that you can restrict and control the movements of the robot in principle. This might prevent that the robot is moving into the head area of the employee. But what's may not really under our controll is the movement of the employee. In an fenceless application, you can therefore never 100% rule out the possibility of the employee moving his head into the robot's working area. So if a collision with the head were prohibited in any case, this will cause, that all collaborative robot applications would fail. The opinion that collisions with the head area are not permitted is mainly based on an incorrect interpretation of the ISO/TS 15066. Here you will find a table with biomechanical limit values in Annex A, which shows the following entry for the head area:
von Andreas Schunkert 28. November 2024
In diesem Blogbeitrag erfahren Sie, wie Sie Ihr Cobot Projekt erfolgreich umsetzen. Worauf müssen Sie achten, welche Maßnahmen sollten Sie ergreifen und was kann Ihre Applikation zum Scheitern bringen. All das und mehr behandelt dieser Beitrag
von Andreas Schunkert 22. November 2024
Risikobeurteilung vs. Gefährdungsbeurteilung In der heutigen Arbeitswelt sind Sicherheit und Gesundheitsschutz von größter Bedeutung. Zwei zentrale Konzepte in diesem Kontext sind die Risikobeurteilung und die Gefährdungsbeurteilung. Beide dienen dem Ziel, Risiken am Arbeitsplatz zu identifizieren und zu minimieren, verfügen jedoch über unterschiedliche Schwerpunkte und rechtliche Grundlagen. Definitionen Risikobeurteilung: Die Risikobeurteilung ist ein umfassender Prozess, der darauf abzielt, die potenziellen Risiken in einem bestimmten Kontext zu identifizieren, zu analysieren und zu bewerten. Dabei wird sowohl die Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines Risikos als auch dessen mögliche Auswirkungen auf Menschen, Umwelt und Vermögenswerte betrachtet. Gefährdungsbeurteilung: Die Gefährdungsbeurteilung ist ein systematisches Verfahren zur Identifizierung und Bewertung von Risiken für Menschen, Eigentum und die Umwelt. Die Gefährdungsbeurteilung kann nach normativen Beurteilungskriterien (z. B. Grenzwerte) und/oder nach subjektiven Beurteilungskriterien (z. B. Eintrittswahrscheinlichkeit, voraussichtliche Schwere eines möglichen Gesundheitsschadens) erfolgen. Gefährdungsbeurteilungen sind für ein definiertes Arbeitssystem vorzunehmen. Die Beurteilung der einzelnen Arbeitssysteme ist die Grundlage zur Erfüllung der Forderung gem. § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), wonach der Arbeitgeber eine Beurteilung der Arbeitsbedingungen aller Beschäftigten je nach Art ihrer Tätigkeit durchzuführen hat. Die Gefährdungsbeurteilung ist somit ein Handlungsinstrument, mit dem Handlungsschwerpunkte bestimmt, betriebliche Aktivitäten der Verbesserung des Arbeitsschutzes zielorientiert gesteuert und Arbeitsschutzaktivitäten kontrolliert sowie auf ihre Wirksamkeit hin beurteilt werden können. Wer muss welche Durchführung? Hersteller: Der Hersteller ist in der Regel für die Risikobeurteilung verantwortlich, insbesondere wenn es um die Sicherheitsprüfung von Maschinen, Geräten oder Produkten geht. Gemäß der Maschinenrichtlinie (2006/42/EG) ist er verpflichtet, eine Risikobeurteilung durchzuführen, um sicherzustellen, dass das Produkt sicher in den Verkehr gebracht werden kann. Betreiber: Der Betreiber hingegen ist für die Gefährdungsbeurteilung zuständig. Dies betrifft alle Arbeitgeber, die verpflichtet sind, eine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen, um die Sicherheit am Arbeitsplatz zu gewährleisten. Diese Verantwortung ist im Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) verankert. Wann muss eine Beurteilung durchgeführt werden? Risikobeurteilung: Eine Risikobeurteilung muss immer dann durchgeführt werden, wenn eine neue Maschine erstellt oder an einer bereits bestehenden Maschine eine wesentliche Veränderung vorgenommen wird (letzteres ist im Interpretationspapier des BMAS "Wesentliche Veränderung" vom April 2015 geregelt. Dieses Dokument finden Sie hier .). Wichtig dabei ist, dass die Risikobeurteilung ein entwicklungsbegleitender Prozess sein sollte und nicht erst nach Aufbau der Maschine erstellt wird. Dies hilft nicht nur dabei die Maschine sicher zu konstruieren und zu bauen, sondern erspart dem Hersteller auch unnötige Kosten. Gefährdungsbeurteilung: Eine Gefährdungsbeurteilung muss jedes Mal durchgeführt werden, wenn neue Arbeitsmittel, Arbeitsprozesse und Arbeitsverfahren eingesetzt werden, die möglicherweise ein Gesundheits- oder Sicherheitsrisiko für die Beschäftigten bergen. Gefährdungsbeurteilungen sollten zudem regelmäßig durchgeführt werden, damit bestehende Gefährdungen überwacht, kontrolliert und gesteuert werden können. Über die gesetzliche Verpflichtung zur Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen nach ArbSchG hinaus sollen Gefährdungsbeurteilungen insbesondere dann durchgeführt werden, wenn bei Planung oder Änderung von Arbeitsplätzen, Anlagen und Verfahren Entscheidungshilfen im Sinne der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes benötigt werden auf Grund von Hinweisen oder bekannt gewordener Beinahe-Unfälle auf besondere Gefährdungssituationen zu schließen ist sich besondere Unfall- oder Gesundheitsbelastungen an bestimmten Arbeitsplätzen, bei bestimmten Arbeitsverfahren oder Tätigkeiten zeigen bei Überprüfungen der Arbeitsplätze festgestellt wird, dass Arbeitsschutzmaßnahmen nicht mehr ausreichend wirksam sind. Rechtliche Grundlagen Risikobeurteilung: Die rechtliche Grundlage für die Durchführung der Risikobeurteilung liegt vor allem in der Maschinenrichtlinie, die spezifische Anforderungen für Hersteller von Maschinen und Anlagen vorgibt. Weitere relevante Normen sind die ISO 12100 (Sicherheit von Maschinen) und verschiedene Produktsicherheitsgesetze. Gefährdungsbeurteilung: Die Gefährdungsbeurteilung ist gesetzlich im Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und in der Unfallverhütungsvorschrift (UVV) festgeschrieben. Arbeitgeber sind verpflichtet, Gefährdungen am Arbeitsplatz zu identifizieren, zu bewerten und geeignete Maßnahmen zur Risikominderung abzuleiten. Regulierungen Die Verfahren für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung sind in der Technischen Regel für Arbeitsstätten (ASR A2.2) und in den Vorschriften der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) detailliert beschrieben. Für die Risikobeurteilung existieren Normen und Leitlinien, die je nach Branche und Art des Produkts variieren. Im Bereich Maschinenbau ist hier insbesondere die EN ISO 12100 als Norm zu nennen. Gemeinsamkeiten und Unterschiede Gemeinsamkeiten: Beide Beurteilungen verfolgen das gemeinsame Ziel, Risiken und Gefahren zu identifizieren, um die Gesundheit und Sicherheit von Personen zu schützen. Sowohl Risikobeurteilung als auch Gefährdungsbeurteilung erfordern eine systematische Analyse und Dokumentation. Sie müssen regelmäßig aktualisiert werden, um Veränderungen im Arbeitsumfeld oder bei Produkten zu berücksichtigen. Unterschiede: Fokus: Die Risikobeurteilung betrifft die Gesamtheit der Risiken eines Produktes oder Prozesses, während die Gefährdungsbeurteilung spezifisch auf Gefahren am Arbeitsplatz abzielt. Verantwortlichkeit: Die Verantwortung für die Risikobeurteilung liegt beim Hersteller, während der Betreiber für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung verantwortlich ist. Rechtliche Anforderungen: Die Risikobeurteilung ist spezifisch notwendig für Produkte und wird durch Produktsicherheitsgesetze geregelt, während die Gefährdungsbeurteilung allgemeine Anforderungen für alle Arbeitgeber darstellt. Fazit Risikobeurteilung und Gefährdungsbeurteilung sind komplementäre Instrumente im Arbeitsschutz. Während die Risikobeurteilung beim Hersteller ansetzt und auf die Sicherheit von Produkten fokussiert, ist die Gefährdungsbeurteilung essenziell für Betreiber, die ein sicheres Arbeitsumfeld gewährleisten müssen. Ein integrierter Ansatz, der beide Beurteilungen berücksichtigt, ist entscheidend für die Minimierung von Risiken und die Förderung der Sicherheit in der Arbeitswelt. Sie haben Fragen zur Risikobeurteilung oder zur Gefährdungsbeurteilung? Wir können Ihnen bei beiden helfen. Wir führen sowohl Risikobeurteilungen für Hersteller von Maschinen als auch Gefährdungsbeurteilungen für Betreiber durch. Ebenso schulen wir Sie gerne in diesen Bereichen. Sprechen Sie uns gerne an!
von Andreas Schunkert 22. November 2024
Cyber Resilience Act: Auswirkungen auf den Maschinenbau Mit der zunehmenden Digitalisierung in der Industrie wächst auch die Bedeutung von Cybersecurity. In diesem Kontext spielt der Cyber Resilience Act (CRA) eine entscheidende Rolle, insbesondere im Maschinenbau. Der CRA ist Bestandteil der neuen Maschinenverordnung der Europäischen Union und zielt darauf ab, die Cyberresilienz von Maschinen und industriellen Systemen zu stärken. In diesem Artikel beleuchten wir die wichtigsten Aspekte des Cyber Resilience Acts und seine Auswirkungen auf die Maschinenbauindustrie. Was ist der Cyber Resilience Act? Der Cyber Resilience Act ist ein bedeutendes legislatives Instrument der EU, das darauf abzielt, ein hohes Maß an Cybersecurity für Produkte, die in der EU auf den Markt gebracht werden, zu gewährleisten. Der Gesetzestext fordert Hersteller auf, sicherzustellen, dass ihre Produkte von Anfang an sicher gestaltet werden, wobei der Fokus auf der Widerstandsfähigkeit gegen Cyberangriffe liegt. Insbesondere für Maschinenbauer bedeutet dies, dass sie bei der Entwicklung und dem Betrieb ihrer Produkte neue Sicherheitsstandards einhalten müssen und das Thema Cybersecurity auf alle Fälle mit betrachten müssen. Nachfolgen ist der Zeitplan für den CRA dargestellt. Wie hieraus ersichtlich wird, ist die Umsetzung ein etappenweiser Prozess, welcher im November 2027 vollständig abgeschlossen wird. Bis zu diesem Zeitpunkt sind alle Anforderungen des CRA umzusetzen.
von Andreas Schunkert 30. Oktober 2024
In diesem Artikel betrachten wir die Historie der Maschinenrichtlinie und die wesentlichen Änderungen, die die Maschinenverordnung mit sich bringt, sowie deren Auswirkungen auf Maschinenbauer und Roboterintegratoren.
von Andreas Schunkert 9. Oktober 2024
Auch der Betreiber einer Maschine hat gewisse Pflichten, welche ihm durch das ArbSchG und die Betriebssicherheitsverordnung auferlegt werden. In diesem Artikel, werden diese Pflichten und der erwartete Umgang damit thematisiert.
von Andreas Schunkert 7. Oktober 2024
Der Beitrag gibt einen kleinen Einstieg in das Thema der funktionalen Sicherheit und zeigt den Unterschied und die Zusammenhänge zwischen dem Performance Level Required und dem Performance Levele Reached auf.
von Andreas Schunkert 11. September 2024
Der Begriff "Cobot" ist mittlerweile ein weit verbreiteter Terminus, welcher mehr in Marketingabteilungen als in fachlichen Publikationen generiert wurde. Die Begrifflichkeit sorgt leider für viele Fehlinterpretationen und sollte dringend wieder aus den Köpfen heraus. Warum? Das lesen Sie in diesem Blogbeitrag.
von Andreas Schunkert 9. Januar 2024
Robotik erhält einen neuen Anstrich Seit 2011 und damit seit 12 Jahren ist die aktuelle Fassung der ISO 10218 in Ihren beiden Teilen erhältlich. Diese nach dem EU Harmonisierungskonzept auch als EN ISO 10218 übernommene Norm ist damit seit vielen Jahren der Anker der Robotik weltweit. In dieser Norm werden im Teil 1 die sicherheitstechnischen Anforderungen an Industrieroboter definiert und im Teil 2 erhalten Integratoren von Robotiklösungen Anweisungen, worauf sie bei der Integration von Roboterapplikationen zu achten haben. Die ISO 10218 ist daher in ihren beiden Teilen ein nicht weg zu denkender Bestsandteil der Automatisierung. Jedoch hat dich in den letzten 12 Jahren auch sehr viel auf dem Robotikmarkt getan. Neue Player sind auf dem Markt erschienen, andere haben sich verabschiedet. Neue Techniken, neue Ansätze, neue Funktionen, neue Sicherheitskonzepte usw. Der Markt im Bereich der Robotik ist einer der am stärksten wachsenden und damit auch ein Bereich, der ständigen Neuerungen und Anpassungen unterliegt. Die Anpassung der ISO 10218 auf diese neuen Gegebenheiten ist damit längst überfällig. 2024 wird es dann auch endlich so weit sein. Mit coronabedingten Verzögerungen wird bis Mitte des Jahres die Neufassung der ISO 10218 erwartet. Hervorheben muss man hier, dass es sich tatsächlich um eine Neufassung und nicht nur um eine Überarbeitung handelt, was speziell am Teil 2 der neuen Norm ersichtlich wird. In der neuen ISO 10218-2 wird dann nämlich nicht nur der Inhalte der alten ISO 10218-2, sondern zusätzlich noch die Inhalte der ISO/TS 15066 – Kollaborative Roboter ISO/TR 20218-1 – Greiforgane ISO/TR 20218-2 – Manuelle Be- und Entladestationen zu finden sein. Der neue Teil 2 wird damit auf ein mächtiges Dokument mit mehr als 250 Seiten anwachsen, welche es für Integratoren und Maschinenbauer in Zukunft umzusetzen gilt. Aber auch der Teil 1 wird sich in seiner Neufassung erheblich von seiner Vorgängerversion unterscheiden. Es wurden neue Strukturierungen geschaffen, Erkenntnisse der letzten 10-15 Jahren sind eingeflossen, es werden Unter-scheidungen gemacht, wo es vorher keine gab und die Frage nach dem Performance Level von Sicherheitsfunktionen wird weit komplexer als sie es vorher war. Änderungen in der ISO 10218-1 Natürlich können in diesem Artikel nicht sämtliche Änderungen im Teil 1 aufgezeigt werden. Aber die gravierendsten und wichtigsten Neuerungen wollen wir hier kurz darlegen. Komplette Neustrukturierung des Abschnitts 5 – „Design Anforderungen und Schutzmaßnahmen “ Neuer Anhang mit der Darstellung der verschiedenen Räume rund um einen Roboter Neue Anlage zur Ermittlung des benötigten PL für verschiedene Sicherheitsfunktionen Unterscheidung in zwei Roboterklassen und daraus folgenden unterschiedlichen Perfomance Level sowie unterschiedliche benötigte Sicherheitsfunktionen Neue verpflichtende Sicherheitsfunktionen Normal Stop/Operational Stop Start Interlock Restart Interlock Speziell die neu hinzugekommenen Sicherheitsfunktionen bedürfen einiger Erläuterungen, da man sich hier sicher erst einmal fragt, wozu diese dienen. Alle drei neuen Sicherheitsfunktionen wurden deshalb in die ISO 10218-1 mit aufgenommen, weil diese Funktion von der Maschinenrichtlinie (MRL) gefordert wird. Eine Harmonisierung ohne diese Funktionen in der neuen Norm zu berücksichtigen wäre daher voraussichtlich fehlgeschlagen. Die Normal Stop Funktion spiegelt letztlich die Anforderung wieder, eine Anlage auszuschalten, unbeobachtet zurück lassen zu können und dabei sicher zu stellen, dass die Anlage nicht aus irgend einem Grund wieder anläuft. Oft wird dies z.Z. mit der Betätigung des Not-Halt-Tasters sicher gestellt. Wer kennt es nicht - Der Mitarbeiter geht ins Wochenende und betätigt davor erst einmal den Not-Halt um sicher zu sein, dass die Anlage übers Wochenende nicht plötzlich unerwartet anläuft. Da ein Not-Halt-Taster und eine Not-Halt-Funktion aber nur für Notfälle und nicht für einen regelmäßigen Gebrauch vorgesehen ist, wird von der MRL eben eine solche Normal Stop Funktion gefordert. Der Start Interlock soll sicherstellen, dass ein Roboter nach dem Einschalten oder dem Wiederherstellen der Spannungsversorgung nicht sofort anläuft. Es muss hier erst eine bewusste Handlung durchgeführt werden, bevor sich der Roboter bewegt. Der Restart Interlock wird z.B. bei der Betriebsartumschaltung benötigt und stellt sicher, dass ein Roboter z.B. nach dem Umschalten von Manuell auf Automatik nicht direkt im Automatikmodus anläuft, sondern auch hier zuerst eine bewusste Handlung durchgeführt werden muss, damit die Bewegungen des Automatik-programms gestartet werden. Änderungen in der ISO 10218-2 Wie oben bereits erläutert, wächst der neue Teil 2 der ISO 10218 auf etwa das Dreifache des Inhalts der Vorgängerversion aus dem Jahr 2011. Dies alleine wird es, für einen Integrator einer Roboterapplikation, in Zukunft sicher nicht einfach machen alle normativen Vorgaben zu kennen und umzusetzen. Jedoch ist die Robotik leider über die letzten Jahre immer komplexer geworden, weswegen es unabwendbar war, dass sich dies im Inhalt der ISO 10218 widerspiegelt. Ein wenig Hilfe soll jedoch ein weiteres Dokument bringen, welches ebenfalls im Laufe des Jahres 2024 veröffentlicht werden soll. Der ISO/TR 20218-3 soll bei komplexen und schwer verständlichen Themen der ISO 10218-2 noch einmal weitere Infos und Erläuterungen geben und dem Integrator hier dabei helfen, seine Applikation entsprechend der Norm umzusetzen. Ein Integrator ist mit der Veröffentlichung der neuen ISO 10218-2 gut beraten, entsprechende Weiterbildungen zu der neuen Norm zu besuchen oder einen externen Experten ein prüfendes Auge auf die Sicherheit seiner Applikation werfen zu lassen. Der neue ISO/TR 20218-3 Wie bereits erläutert, hat das ISO-Normungsgremium TC 299 WG3 neben der neuen ISO 10218-1 und -2 noch einen neuen ISO/TR 20218-3 erarbeitet, welcher Hilfestellung im Umgang und der Anwendung mit dem Teil 2 der ISO 10218 geben soll. In diesem TR wird in einzelnen Abschnitten noch einmal explizit auf die folgenden Themen eingegangen: Normal Stop / Operational Stop Manual Mode und High Speed manual mode Sicherheitsfunktionen Single Point of Control Start- und Restartinterlock Reset einer Sicherheitsfunktion Mode-Activation vs. Mode-Selection Räume und Modi – Der Sicherheitsbereich kann dynamisch sein Cybersecurity Weitere Hilfestellung zur Thematik rund um die Kraft- und Leistungsbegrenzung Man stellt bei der Betrachtung der vorgenannten Themen sehr schnell fest, dass auch in diesem Dokument viele Informationen enthalten und veröffentlicht werden. Es ist daher jedem Integrator von Robotikapplikationen absolut zu empfehlen, in Zukunft nicht nur die ISO 10218-2 sondern auch diesen neuen ISO/TR 20218 griffbereit zu haben.
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