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Kollaborierende Roboterapplikationen sicher umsetzen

Andreas Schunkert • 28. November 2024

Kollaborierende Roboterapplikationen sicher umsetzen


Das Wort "Cobot" ist seit mehreren Jahren im Bereich der Automatisierung nicht mehr weg zu denken und ist ein fester Bestandteil von Automatisierungskonzepten in großen und in kleinen Unternehmen aller Branchen. Dennoch sind in diesem Bereich sehr oft Wissenslücken und Missverständnisse, was den Umgang, die Eigenschaft und die Möglichkeiten dieser Technik angeht. Dieser Blogbeitrag soll dabei helfen, ein besseres Verständnis für die Welt der kollaborativen Robotik zu bekommen und soll dabei helfen schutzzaunlose Roboterapplikationen sicher umzusetzen.


Das Wort Cobot


In einem unserer früheren Blog Beiträge, den Sie hier finden, hatten wir uns schon einmal der Begrifflichkeit "Cobot" angenommen. Wir hatten hier bereits darauf hingewiesen, dass dieser Begriff irreführend ist, da er impliziert, dass der Roboter selbst immer sicher ist. Fakt ist aber, dass selbst der sensitivste Roboter mit einem Skalpell im Greifer zu erheblichen Verletzungen führen kann. Den kollaborierenden Roboter selbst gibt es daher nicht, sondern lediglich kollaborierende Roboterapplikationen und ob diese tatsächlich sicher sind, ist im Rahmen einer Risikobeurteilung zu klären. Auch zum Thema Risikobeurteilung finden Sie hier bereits einen informativen Blogbeitrag.


Arten von kollaborierenden Applikationen


In der EN ISO 10218-1/-2:2011 werden derzeit vier verschiedene Kollaborationsarten genannt. Diese sind


  • Sicherer überwachter Halt (z.B. Applikationen bei denen ein Laserscanner bei Personenanäherung den Roboter in einen sicheren Stillstand bringt)
  • Handführung (Bei direkter Kontrolle des Roboters am Endeffektor z.B, mittels Kraft-/Momentensensor. Hierbei kommt ebenso ein dreistufiger Zustimmtaster am Endeffektor zum Einsatz)
  • Geschwindigkeits- und Abstandsüberwachung (Der Roboter verlangsamt seine Geschwindigkeit, je näher eine Person dem Roboter kommt)
  • Kraft- und Leistungsbegrenzung (Der Roboter erkennt eine ungewollte Kollision und stoppt ohne, dass die getroffene Person dabei verletzt wird)


Die neue ISO 10218-1/-2 (erscheint 12/2024) enthält diese Kollaborationsarten jedoch nicht mehr. Letztlich ist in der neuen Norm nur noch definiert, was unter Kollaboration verstanden wird. Wichtig dabei ist, dass dort KEINE Definition des kollaborierenden Roboters, sondern lediglich die Definition einer kollaborierenden Roboterapplikation zu finden ist.

Nach dieser Norm ist eine kollaborative Roboterapplikation eine Applikation, die einen oder mehrere kollaborative Aufgaben enthält. Eine Kollaborative Aufgabe ist dabei wie folgt definiert:


"Teil der Robotersequenz, bei dem sich sowohl die Roboteranwendung als auch der/die Bediener im selben Sicherheitsbereich befinden"


Heißt also, hat der Bediener oder eine Person die Möglichkeit, sich ganz oder mit einem Körperteil im Arbeitsraum des Roboters aufzuhalten, so liegt hier eine kollaborierende Applikation vor. In den meisten Fällen wird dies über die oben genannte Methode der Kraft- und Leistungsbegrenzung erreicht. Aber wie setzt man eine solche Applikation sicher um?


Wir möchten in diesem Blogbeitrag bewusst nicht auf die Bewertung einer Applikation im Rahmen einer am Ende folgenden Kraft- und Druckmessung eingehen, da dies den Rahmen eines Blogbeitrags sprengen würde. Vielmehr möchten wir Ihnen hier ein paar Handlungsempfehlungen mitgeben, worauf sie bei der Umsetzung einer kollaborativen Roboterapplikation achten sollten.


Hinzuziehen von Experten


Zuerst einmal ist es letztlich an Ihnen, ob Sie sich zutrauen, eine solche Applikation eigenständig sicher umzusetzen und auch am Ende die dazugehörige Risikobeurteilung erstellen. Sollten Sie aber mit dem Gedanken spielen, die Risikobeurteilung von externen Experten, wie zum Beispiel durch die Firma Cobot Safety, durchführen zu lassen, dann tun Sie sich und auch uns den Gefallen und ziehen Sie die externe Expertise nicht erst zum Schluss hinzu. Sowohl wir von Cobot Safety, als auch unsere Mitbewerber, sind ungern der Spielverderber, welcher Ihnen am Ende sagt, dass die Applikation zwar ganz nett ist, aber so letztlich keinen positiven Abschluss einer Risikobeurteilung und damit auch keine Konformitätserklärung nach Maschinenrichtlinie erhält. Wenn Sie an dieser Stelle dann damit beginnen müssen, aufwendige Änderungen vorzunehmen, ist dies sicher ein Kostenfaktor, welchen Sie sich anders hätten sparen können. Wir und auch unsere Mitbewerber im Bereich der Risikobeurteilungen begrüßen es in der Regel, wenn sich Kunden bereits im Rahmen einer Konzeptidee an uns wenden und wir Sie bereits in der Planungs- und Entwicklungsphase eines Cobotprojekts sicherheitstechnisch beraten, damit die Risikobeurteilung am Ende dann sicher ins Ziel geführt werden kann.


Das heikelste Thema - Der Kopfbereich


Sicher hat jeder bei dem Thema von kollaborativen Roboterapplikationen bereits jeder schon einmal die Diskussion um den Kopfbereich mitbekommen. Oft hört man hier, dass Kollision mit dem Kopfbereich verboten sind und eine sichere schutzzaunlose Anwendung nur dann möglich ist, wenn eine Kollision mit dem Kopf komplett ausgeschlossen werden kann.

Das Problem an dieser Stelle ist jedoch meistens, dass Sie zwar die Bewegungen des Roboters prinzipiell einschränken und kontrollieren können, und somit verhindern können, dass der Roboter sich in den Kopfbereich des Mitarbeiters hinein bewegt. Was Sie jedoch weniger unter Kontrolle haben, ist die Bewegung des Mitarbeiters. Sie können in einer schutzzaunlosen Anwendung daher nie zu 100% ausschließen, dass dieser seinen Kopf in den Arbeitsbereich des Roboters hinein bewegt. Wenn eine Kollision mit dem Kopf verboten wäre, dann würden hier fast alle kollaborativen Roboterapplikationen scheitern.

Die Auffassung, dass Kollisionen mit dem Kopfbereich nicht erlaubt sind, entspringt einer falschen Interpretation der ISO/TS 15066. Hier finden Sie im Anhang A eine Tabelle mit biomechanischen Grenzwerten die für den Kopfbereich den folgenden Eintrag zeigt:

Abbildung 1: Auszug aus Tabelle A.2 der ISO/TS 15066


In der dargestellten Tabelle wird hier für die Region des Kopfes in der Spalte des transienten Kontakts "Nicht anwendbar" angegeben, während im Bereich des quasi statischen Kontakts ein Wert zu finden ist. Wichtig dabei ist jedoch, dass "nicht anwendbar" an dieser Stelle nicht für "Verboten" steht, sondern lediglich dafür, dass in der informativen Liste der biomechanischen Grenzwerte kein Wert verfügbar ist, weil man für diese Körperregion keinen Wert ermittelt hat bzw. keinen Wert ermitteln konnte. Eine Kollision mit dem Kopfbereich ist daher nicht absolut unzulässig. Man hat lediglich keine Referenzwerte um im Rahmen der Risikobeurteilung anhand dieser Werte feststellen zu können, wann eine Kollision kritisch und wann sie noch unkritisch ist. Daher ist die Bewertung von Kollisionen im Kopfbereich immer subjektiv von dem Bewertenden abhängig.


Dennoch sollten Kollisionen mit dem Kopfbereich immer so gut, wie möglich ausgeschlossen werden. In einem ersten Schritt beginnt dies mit Montagehöhe und der Arbeitshöhe des Roboters. Versuchen Sie die Roboterbasis immer so tief wie irgendwie möglich zu montieren, um möglichst viele Bewegungen des Roboters unterhalb einer Höhe von 1,5m zu halten, sofern ausschließlich männliche Mitarbeiter Zugang zum Arbeitsbereich des Roboters haben. Sollten auch Frauen im Bereich des Roboters arbeiten, empfiehlt sich eine maximale Arbeitshöhe von 1,3m. Fast alle Hersteller von "Cobots" bieten Ihnen hier mittlerweile Möglichkeiten den Arbeitsraum des Roboters über Sicherheitsfunktionen einzuschränken. Die Abbildung 2 zeigt hier eine Applikation mit einem UR10e, bei dem dieser mit dem rot eingekreisten Greifer einen Stapel Papier an der mit 1 gekennzeichneten aus einer Maschine entnimmt und diesen dann auf der Palette (Mit 2 gekennzeichnet) ablegt. Da der Roboter in seiner normalen Verwendung nicht höher fahren muss, als die rot dargestellte Sicherheitsebene zeigt, kann mit dieser Sicherheitsebene verhindert werden, dass der Roboter evtl. doch einmal aufgrund eines Programmfehlers oder einer nicht fachmännischen Umprogrammierung in den Kopfbereich hinein fährt.

Abbildung 2: Verwendung einer Sicherheitsebene an einem UR10e


Die Abbildung 2 wirft hierbei jedoch gleich noch zwei weitere Themen auf, die es zu beachten gilt, auch wenn sich diese nicht ausschließlich auf den Kopfbereich beziehen.


  1. Greiferdesign: Gerade wenn es um kollaborative Anwendungen geht, sollten sie sehr sorgfältig darauf achten, wie die Geometrie Ihres Greifers aussieht. Scharfe Kanten, kleine Flächen, hartes Metall usw. sollten nach Möglichkeit verhindert werden. Abbildung 3 stellt hier einmal anhand eines Vakuumgreifers ein Positiv- und Negativbeispiel gegenüber. In der in Abbildung 2 dargestellten Applikation ist daher sicherlich noch etwas Verbessungspotential im Bereich des Greifers vorhanden.
  2. Geschwindigkeiten: Gerade die Geschwindigkeit des Roboters im Kollisionsmoment ist entscheidend dafür, ob und wie schwer eine Verletzung bei einer Kollision sein kann. Daher sollten Bewegungen im Kopfbereich, wenn Sie nicht komplett ausgeschlossen werden können mit einer langsamen Geschwindigkeit ausgeführt werden. Hierbei ist es allerdings nicht ausreichend, die Geschwindigkeit im Programm zu reduzieren, da diese ja theoretisch jederzeit, von jemanden mit Zugang zum Programmcode, wieder angehoben werden kann. Auch kann ein Fehler im nicht sicheren Teil des Kontrollsystems dazu führen, dass der Roboter sich schneller bewegt, als programmiert. Nur durch eine Begrenzung der Geschwindigkeit im Sicherheitssystem können sie hier positiven Einfluss auf das Outcome der Risikobeurteilung nehmen.

Abbildung 3: Positiv und Negativbeispiel für ein kollaboratives Greiferdesign


Haben Sie diese Punkte bis jetzt beachtet, so haben Sie schon vieles richtig gemacht. Allerdings besteht natürlich noch immer das Problem, dass der Mitarbeiter seinen Kopf in einen Bereich hinein hält, in dem er eigentlich nichts zu suchen hätte. Aber auch an dieser Stelle kann man noch weiter optimieren.

Die Abbildung 4 zeigt eine Applikation, bei welcher Filter aus einer Kiste entnommen, in einer Umgriffstation umgegriffen, in eine Maschine eingelegt, dort geprüft, wieder entnommen und auf einer Ablagefläche abgelegt werden. Auch in dieser Applikation war der Kopfbereich als kritisch bewertet. Aus diesem Grund wurde die Applikation teileingehaust. Der Zugang auf der linken Seite ist dabei nur durch Öffnen der Tür möglich. In diesem Bereich fährt der Roboter zum einen in den Kopfbereich, zum anderen war hier eine mögliche Klemmung an der Umgriffstation kritisch. Wird die Tür links geöffnet, so wird der Roboter still gesetzt. Auf der Vorderseite und rechts ist dagegen die Einhausung nur im oberen Bereich. Ein Eingreifen mit Hand und Unterarm in den Aufnahme und Ablagebereich ist hier problemlos möglich. Dies wird über die Kraft- und Leistungsbegrenzung abgefangen. Eine Kollision mit Händen, Fingern und Unterarmen liegt dabei unterhalb der biomech. Grenzwerte der ISO/TS 15066. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Mitarbeiter seinen Kopf in den Arbeitsbereich des Roboters streckt wurde mit dieser Maßnahme noch einmal erheblich reduziert und sorgt dafür, dass das Risiko in einem akzeptablen Bereich liegt.

Abbildung 4: Beispiel einer Teileinhausung zum Ausschluss des Kopfbereiches


Haben Sie nun diese Punkte alle bereits bei Ihrer Planungs- und Konzeptphase beachtet, so sind Sie hier bereits auf einem guten Weg und haben den größten Stolperstein für eine positive Risikobeurteilung bereits gekonnt umrundet.


Reduzieren von möglichen Klemmstellen


Bei der sicherheitstechnischen Bewertung einer kollaborativen Roboterapplikation mit Kraft- und Leistungsbegrenzungen müssen am Ende immer drei mechanische Gefährdungen betrachtet werden, welche nachfolgend von am kritischsten zu am wenigsten kritisch aufgelistet sind:


  1. Scheren
  2. Quetschen
  3. Stoß


Diese drei in der Maschinenrichtlinie genannten mech. Gefährdungen können in allen kollaborativen Applikationen an verschiedenen Stellen auftreten. Manche von Ihnen können eliminiert und heraus genommen werden und manche bleiben bestehen und müssen dann im Rahmen einer Kraft- und Druckmessung bewertet werden.

In Abbildung 5 sind diese drei unterschiedlichen Gefährdungen noch einmal bildlich dargestellt um zu verdeutlichen, warum eine Klemmung kritischer ist als ein Stoß und eine Scherung kritischer ist als eine Klemmung.


Abbildung 5: Scherung vs. Klemmung vs. Stoß


Das Ziel Klemm- und Scherstellen zu minimieren sollte bereits in der Planungs- und Konzeptphase ausgerufen werden. Planen Sie den Montageort des Roboters möglichst so, dass er sich im gesamten Arbeitsraum frei bewegen kann. Wände, Stützpfeiler, Maschinen usw. die im Arbeitsbereich des Roboters liegen bieten alle mögliche Scher- und Klemmstellen. Natürlich ist es oft nicht möglich, hier alle Gefahrenstellen weg zu optimieren. Manchmal ist eben nur an einer Stelle der Platz für den Roboter. Und an dieser, existieren dann eben mögliche Klemm und Scherstellen.

Wenn Sie daher in der Planungs- und Konzeptphase diese Gefährdungen nicht bereits real eliminieren konnten, dann versuchen Sie sie in der Entwicklungsphase softwaretechnisch zu eliminieren. Nutzen Sie die Möglichkeiten zur sicherheitstechnischen Arbeitsraumeinschränkung Ihres Roboters. Alle sog. Cobots bringen eine Sicherheitsfunktion zur Achsbegrenzung und fast alle haben auch eine Sicherheitsfunktion zur kartesischen Raumbegrenzung. Manche mittels Ebenen, manche mittels Räumen oder Flächen. Hier ist es möglich Bereich, in die der Roboter in seinem Prozess gar nicht fahren muss sicherheitstechnisch auszuschließen, womit das Risiko der Scher- und Klemmstellen in diesen Bereichen bereits ausreichend gemindert ist. Somit müssen nur noch die im noch möglichen Arbeitsraum verbleibenden Gefährdungen weiter geprüft werden. Dies erfolgt dann letztlich mit einer Messung von Kraft- und Druck bei einer möglichen Kollision.


Die Kraft- und Druckmessung und die Auswertung und Interpretation der Ergebnisse werden wir in einem kommenden Blogbeitrag separat betrachten. Haben Sie aber bis hier schon einmal soviel Klemm- und Scherstellen aus Ihrer Applikation eliminiert, so haben Sie noch einmal viele der möglichen Stolpersteine für den erfolgreichen Abschluss Ihrer Risikobeurteilung heraus genommen und sind auf einem guten Weg Ihr Cobot-Projekt erfolgreich abzuschließen.

von Andreas Schunkert 22. November 2024
Risikobeurteilung vs. Gefährdungsbeurteilung In der heutigen Arbeitswelt sind Sicherheit und Gesundheitsschutz von größter Bedeutung. Zwei zentrale Konzepte in diesem Kontext sind die Risikobeurteilung und die Gefährdungsbeurteilung. Beide dienen dem Ziel, Risiken am Arbeitsplatz zu identifizieren und zu minimieren, verfügen jedoch über unterschiedliche Schwerpunkte und rechtliche Grundlagen. Definitionen Risikobeurteilung: Die Risikobeurteilung ist ein umfassender Prozess, der darauf abzielt, die potenziellen Risiken in einem bestimmten Kontext zu identifizieren, zu analysieren und zu bewerten. Dabei wird sowohl die Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines Risikos als auch dessen mögliche Auswirkungen auf Menschen, Umwelt und Vermögenswerte betrachtet. Gefährdungsbeurteilung: Die Gefährdungsbeurteilung ist ein systematisches Verfahren zur Identifizierung und Bewertung von Risiken für Menschen, Eigentum und die Umwelt. Die Gefährdungsbeurteilung kann nach normativen Beurteilungskriterien (z. B. Grenzwerte) und/oder nach subjektiven Beurteilungskriterien (z. B. Eintrittswahrscheinlichkeit, voraussichtliche Schwere eines möglichen Gesundheitsschadens) erfolgen. Gefährdungsbeurteilungen sind für ein definiertes Arbeitssystem vorzunehmen. Die Beurteilung der einzelnen Arbeitssysteme ist die Grundlage zur Erfüllung der Forderung gem. § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), wonach der Arbeitgeber eine Beurteilung der Arbeitsbedingungen aller Beschäftigten je nach Art ihrer Tätigkeit durchzuführen hat. Die Gefährdungsbeurteilung ist somit ein Handlungsinstrument, mit dem Handlungsschwerpunkte bestimmt, betriebliche Aktivitäten der Verbesserung des Arbeitsschutzes zielorientiert gesteuert und Arbeitsschutzaktivitäten kontrolliert sowie auf ihre Wirksamkeit hin beurteilt werden können. Wer muss welche Durchführung? Hersteller: Der Hersteller ist in der Regel für die Risikobeurteilung verantwortlich, insbesondere wenn es um die Sicherheitsprüfung von Maschinen, Geräten oder Produkten geht. Gemäß der Maschinenrichtlinie (2006/42/EG) ist er verpflichtet, eine Risikobeurteilung durchzuführen, um sicherzustellen, dass das Produkt sicher in den Verkehr gebracht werden kann. Betreiber: Der Betreiber hingegen ist für die Gefährdungsbeurteilung zuständig. Dies betrifft alle Arbeitgeber, die verpflichtet sind, eine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen, um die Sicherheit am Arbeitsplatz zu gewährleisten. Diese Verantwortung ist im Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) verankert. Wann muss eine Beurteilung durchgeführt werden? Risikobeurteilung: Eine Risikobeurteilung muss immer dann durchgeführt werden, wenn eine neue Maschine erstellt oder an einer bereits bestehenden Maschine eine wesentliche Veränderung vorgenommen wird (letzteres ist im Interpretationspapier des BMAS "Wesentliche Veränderung" vom April 2015 geregelt. Dieses Dokument finden Sie hier .). Wichtig dabei ist, dass die Risikobeurteilung ein entwicklungsbegleitender Prozess sein sollte und nicht erst nach Aufbau der Maschine erstellt wird. Dies hilft nicht nur dabei die Maschine sicher zu konstruieren und zu bauen, sondern erspart dem Hersteller auch unnötige Kosten. Gefährdungsbeurteilung: Eine Gefährdungsbeurteilung muss jedes Mal durchgeführt werden, wenn neue Arbeitsmittel, Arbeitsprozesse und Arbeitsverfahren eingesetzt werden, die möglicherweise ein Gesundheits- oder Sicherheitsrisiko für die Beschäftigten bergen. Gefährdungsbeurteilungen sollten zudem regelmäßig durchgeführt werden, damit bestehende Gefährdungen überwacht, kontrolliert und gesteuert werden können. Über die gesetzliche Verpflichtung zur Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen nach ArbSchG hinaus sollen Gefährdungsbeurteilungen insbesondere dann durchgeführt werden, wenn bei Planung oder Änderung von Arbeitsplätzen, Anlagen und Verfahren Entscheidungshilfen im Sinne der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes benötigt werden auf Grund von Hinweisen oder bekannt gewordener Beinahe-Unfälle auf besondere Gefährdungssituationen zu schließen ist sich besondere Unfall- oder Gesundheitsbelastungen an bestimmten Arbeitsplätzen, bei bestimmten Arbeitsverfahren oder Tätigkeiten zeigen bei Überprüfungen der Arbeitsplätze festgestellt wird, dass Arbeitsschutzmaßnahmen nicht mehr ausreichend wirksam sind. Rechtliche Grundlagen Risikobeurteilung: Die rechtliche Grundlage für die Durchführung der Risikobeurteilung liegt vor allem in der Maschinenrichtlinie, die spezifische Anforderungen für Hersteller von Maschinen und Anlagen vorgibt. Weitere relevante Normen sind die ISO 12100 (Sicherheit von Maschinen) und verschiedene Produktsicherheitsgesetze. Gefährdungsbeurteilung: Die Gefährdungsbeurteilung ist gesetzlich im Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und in der Unfallverhütungsvorschrift (UVV) festgeschrieben. Arbeitgeber sind verpflichtet, Gefährdungen am Arbeitsplatz zu identifizieren, zu bewerten und geeignete Maßnahmen zur Risikominderung abzuleiten. Regulierungen Die Verfahren für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung sind in der Technischen Regel für Arbeitsstätten (ASR A2.2) und in den Vorschriften der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) detailliert beschrieben. Für die Risikobeurteilung existieren Normen und Leitlinien, die je nach Branche und Art des Produkts variieren. Im Bereich Maschinenbau ist hier insbesondere die EN ISO 12100 als Norm zu nennen. Gemeinsamkeiten und Unterschiede Gemeinsamkeiten: Beide Beurteilungen verfolgen das gemeinsame Ziel, Risiken und Gefahren zu identifizieren, um die Gesundheit und Sicherheit von Personen zu schützen. Sowohl Risikobeurteilung als auch Gefährdungsbeurteilung erfordern eine systematische Analyse und Dokumentation. Sie müssen regelmäßig aktualisiert werden, um Veränderungen im Arbeitsumfeld oder bei Produkten zu berücksichtigen. Unterschiede: Fokus: Die Risikobeurteilung betrifft die Gesamtheit der Risiken eines Produktes oder Prozesses, während die Gefährdungsbeurteilung spezifisch auf Gefahren am Arbeitsplatz abzielt. Verantwortlichkeit: Die Verantwortung für die Risikobeurteilung liegt beim Hersteller, während der Betreiber für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung verantwortlich ist. Rechtliche Anforderungen: Die Risikobeurteilung ist spezifisch notwendig für Produkte und wird durch Produktsicherheitsgesetze geregelt, während die Gefährdungsbeurteilung allgemeine Anforderungen für alle Arbeitgeber darstellt. Fazit Risikobeurteilung und Gefährdungsbeurteilung sind komplementäre Instrumente im Arbeitsschutz. Während die Risikobeurteilung beim Hersteller ansetzt und auf die Sicherheit von Produkten fokussiert, ist die Gefährdungsbeurteilung essenziell für Betreiber, die ein sicheres Arbeitsumfeld gewährleisten müssen. Ein integrierter Ansatz, der beide Beurteilungen berücksichtigt, ist entscheidend für die Minimierung von Risiken und die Förderung der Sicherheit in der Arbeitswelt. Sie haben Fragen zur Risikobeurteilung oder zur Gefährdungsbeurteilung? Wir können Ihnen bei beiden helfen. Wir führen sowohl Risikobeurteilungen für Hersteller von Maschinen als auch Gefährdungsbeurteilungen für Betreiber durch. Ebenso schulen wir Sie gerne in diesen Bereichen. Sprechen Sie uns gerne an!
von Andreas Schunkert 22. November 2024
Cyber Resilience Act: Auswirkungen auf den Maschinenbau Mit der zunehmenden Digitalisierung in der Industrie wächst auch die Bedeutung von Cybersecurity. In diesem Kontext spielt der Cyber Resilience Act (CRA) eine entscheidende Rolle, insbesondere im Maschinenbau. Der CRA ist Bestandteil der neuen Maschinenverordnung der Europäischen Union und zielt darauf ab, die Cyberresilienz von Maschinen und industriellen Systemen zu stärken. In diesem Artikel beleuchten wir die wichtigsten Aspekte des Cyber Resilience Acts und seine Auswirkungen auf die Maschinenbauindustrie. Was ist der Cyber Resilience Act? Der Cyber Resilience Act ist ein bedeutendes legislatives Instrument der EU, das darauf abzielt, ein hohes Maß an Cybersecurity für Produkte, die in der EU auf den Markt gebracht werden, zu gewährleisten. Der Gesetzestext fordert Hersteller auf, sicherzustellen, dass ihre Produkte von Anfang an sicher gestaltet werden, wobei der Fokus auf der Widerstandsfähigkeit gegen Cyberangriffe liegt. Insbesondere für Maschinenbauer bedeutet dies, dass sie bei der Entwicklung und dem Betrieb ihrer Produkte neue Sicherheitsstandards einhalten müssen und das Thema Cybersecurity auf alle Fälle mit betrachten müssen. Nachfolgen ist der Zeitplan für den CRA dargestellt. Wie hieraus ersichtlich wird, ist die Umsetzung ein etappenweiser Prozess, welcher im November 2027 vollständig abgeschlossen wird. Bis zu diesem Zeitpunkt sind alle Anforderungen des CRA umzusetzen.
von Andreas Schunkert 30. Oktober 2024
In diesem Artikel betrachten wir die Historie der Maschinenrichtlinie und die wesentlichen Änderungen, die die Maschinenverordnung mit sich bringt, sowie deren Auswirkungen auf Maschinenbauer und Roboterintegratoren.
von Andreas Schunkert 9. Oktober 2024
Auch der Betreiber einer Maschine hat gewisse Pflichten, welche ihm durch das ArbSchG und die Betriebssicherheitsverordnung auferlegt werden. In diesem Artikel, werden diese Pflichten und der erwartete Umgang damit thematisiert.
von Andreas Schunkert 7. Oktober 2024
Der Beitrag gibt einen kleinen Einstieg in das Thema der funktionalen Sicherheit und zeigt den Unterschied und die Zusammenhänge zwischen dem Performance Level Required und dem Performance Levele Reached auf.
von Andreas Schunkert 11. September 2024
Der Begriff "Cobot" ist mittlerweile ein weit verbreiteter Terminus, welcher mehr in Marketingabteilungen als in fachlichen Publikationen generiert wurde. Die Begrifflichkeit sorgt leider für viele Fehlinterpretationen und sollte dringend wieder aus den Köpfen heraus. Warum? Das lesen Sie in diesem Blogbeitrag.
von Andreas Schunkert 9. Januar 2024
Robotik erhält einen neuen Anstrich Seit 2011 und damit seit 12 Jahren ist die aktuelle Fassung der ISO 10218 in Ihren beiden Teilen erhältlich. Diese nach dem EU Harmonisierungskonzept auch als EN ISO 10218 übernommene Norm ist damit seit vielen Jahren der Anker der Robotik weltweit. In dieser Norm werden im Teil 1 die sicherheitstechnischen Anforderungen an Industrieroboter definiert und im Teil 2 erhalten Integratoren von Robotiklösungen Anweisungen, worauf sie bei der Integration von Roboterapplikationen zu achten haben. Die ISO 10218 ist daher in ihren beiden Teilen ein nicht weg zu denkender Bestsandteil der Automatisierung. Jedoch hat dich in den letzten 12 Jahren auch sehr viel auf dem Robotikmarkt getan. Neue Player sind auf dem Markt erschienen, andere haben sich verabschiedet. Neue Techniken, neue Ansätze, neue Funktionen, neue Sicherheitskonzepte usw. Der Markt im Bereich der Robotik ist einer der am stärksten wachsenden und damit auch ein Bereich, der ständigen Neuerungen und Anpassungen unterliegt. Die Anpassung der ISO 10218 auf diese neuen Gegebenheiten ist damit längst überfällig. 2024 wird es dann auch endlich so weit sein. Mit coronabedingten Verzögerungen wird bis Mitte des Jahres die Neufassung der ISO 10218 erwartet. Hervorheben muss man hier, dass es sich tatsächlich um eine Neufassung und nicht nur um eine Überarbeitung handelt, was speziell am Teil 2 der neuen Norm ersichtlich wird. In der neuen ISO 10218-2 wird dann nämlich nicht nur der Inhalte der alten ISO 10218-2, sondern zusätzlich noch die Inhalte der ISO/TS 15066 – Kollaborative Roboter ISO/TR 20218-1 – Greiforgane ISO/TR 20218-2 – Manuelle Be- und Entladestationen zu finden sein. Der neue Teil 2 wird damit auf ein mächtiges Dokument mit mehr als 250 Seiten anwachsen, welche es für Integratoren und Maschinenbauer in Zukunft umzusetzen gilt. Aber auch der Teil 1 wird sich in seiner Neufassung erheblich von seiner Vorgängerversion unterscheiden. Es wurden neue Strukturierungen geschaffen, Erkenntnisse der letzten 10-15 Jahren sind eingeflossen, es werden Unter-scheidungen gemacht, wo es vorher keine gab und die Frage nach dem Performance Level von Sicherheitsfunktionen wird weit komplexer als sie es vorher war. Änderungen in der ISO 10218-1 Natürlich können in diesem Artikel nicht sämtliche Änderungen im Teil 1 aufgezeigt werden. Aber die gravierendsten und wichtigsten Neuerungen wollen wir hier kurz darlegen. Komplette Neustrukturierung des Abschnitts 5 – „Design Anforderungen und Schutzmaßnahmen “ Neuer Anhang mit der Darstellung der verschiedenen Räume rund um einen Roboter Neue Anlage zur Ermittlung des benötigten PL für verschiedene Sicherheitsfunktionen Unterscheidung in zwei Roboterklassen und daraus folgenden unterschiedlichen Perfomance Level sowie unterschiedliche benötigte Sicherheitsfunktionen Neue verpflichtende Sicherheitsfunktionen Normal Stop/Operational Stop Start Interlock Restart Interlock Speziell die neu hinzugekommenen Sicherheitsfunktionen bedürfen einiger Erläuterungen, da man sich hier sicher erst einmal fragt, wozu diese dienen. Alle drei neuen Sicherheitsfunktionen wurden deshalb in die ISO 10218-1 mit aufgenommen, weil diese Funktion von der Maschinenrichtlinie (MRL) gefordert wird. Eine Harmonisierung ohne diese Funktionen in der neuen Norm zu berücksichtigen wäre daher voraussichtlich fehlgeschlagen. Die Normal Stop Funktion spiegelt letztlich die Anforderung wieder, eine Anlage auszuschalten, unbeobachtet zurück lassen zu können und dabei sicher zu stellen, dass die Anlage nicht aus irgend einem Grund wieder anläuft. Oft wird dies z.Z. mit der Betätigung des Not-Halt-Tasters sicher gestellt. Wer kennt es nicht - Der Mitarbeiter geht ins Wochenende und betätigt davor erst einmal den Not-Halt um sicher zu sein, dass die Anlage übers Wochenende nicht plötzlich unerwartet anläuft. Da ein Not-Halt-Taster und eine Not-Halt-Funktion aber nur für Notfälle und nicht für einen regelmäßigen Gebrauch vorgesehen ist, wird von der MRL eben eine solche Normal Stop Funktion gefordert. Der Start Interlock soll sicherstellen, dass ein Roboter nach dem Einschalten oder dem Wiederherstellen der Spannungsversorgung nicht sofort anläuft. Es muss hier erst eine bewusste Handlung durchgeführt werden, bevor sich der Roboter bewegt. Der Restart Interlock wird z.B. bei der Betriebsartumschaltung benötigt und stellt sicher, dass ein Roboter z.B. nach dem Umschalten von Manuell auf Automatik nicht direkt im Automatikmodus anläuft, sondern auch hier zuerst eine bewusste Handlung durchgeführt werden muss, damit die Bewegungen des Automatik-programms gestartet werden. Änderungen in der ISO 10218-2 Wie oben bereits erläutert, wächst der neue Teil 2 der ISO 10218 auf etwa das Dreifache des Inhalts der Vorgängerversion aus dem Jahr 2011. Dies alleine wird es, für einen Integrator einer Roboterapplikation, in Zukunft sicher nicht einfach machen alle normativen Vorgaben zu kennen und umzusetzen. Jedoch ist die Robotik leider über die letzten Jahre immer komplexer geworden, weswegen es unabwendbar war, dass sich dies im Inhalt der ISO 10218 widerspiegelt. Ein wenig Hilfe soll jedoch ein weiteres Dokument bringen, welches ebenfalls im Laufe des Jahres 2024 veröffentlicht werden soll. Der ISO/TR 20218-3 soll bei komplexen und schwer verständlichen Themen der ISO 10218-2 noch einmal weitere Infos und Erläuterungen geben und dem Integrator hier dabei helfen, seine Applikation entsprechend der Norm umzusetzen. Ein Integrator ist mit der Veröffentlichung der neuen ISO 10218-2 gut beraten, entsprechende Weiterbildungen zu der neuen Norm zu besuchen oder einen externen Experten ein prüfendes Auge auf die Sicherheit seiner Applikation werfen zu lassen. Der neue ISO/TR 20218-3 Wie bereits erläutert, hat das ISO-Normungsgremium TC 299 WG3 neben der neuen ISO 10218-1 und -2 noch einen neuen ISO/TR 20218-3 erarbeitet, welcher Hilfestellung im Umgang und der Anwendung mit dem Teil 2 der ISO 10218 geben soll. In diesem TR wird in einzelnen Abschnitten noch einmal explizit auf die folgenden Themen eingegangen: Normal Stop / Operational Stop Manual Mode und High Speed manual mode Sicherheitsfunktionen Single Point of Control Start- und Restartinterlock Reset einer Sicherheitsfunktion Mode-Activation vs. Mode-Selection Räume und Modi – Der Sicherheitsbereich kann dynamisch sein Cybersecurity Weitere Hilfestellung zur Thematik rund um die Kraft- und Leistungsbegrenzung Man stellt bei der Betrachtung der vorgenannten Themen sehr schnell fest, dass auch in diesem Dokument viele Informationen enthalten und veröffentlicht werden. Es ist daher jedem Integrator von Robotikapplikationen absolut zu empfehlen, in Zukunft nicht nur die ISO 10218-2 sondern auch diesen neuen ISO/TR 20218 griffbereit zu haben.
von Andreas Schunkert 10. Oktober 2023
Risikobeurteilungen sind ein wichtiger Bestandteil des Maschinenbaus und spielen eine entscheidende Rolle bei der Gewährleistung der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz. Durch eine systematische Bewertung und Analyse von potenziellen Gefährdungen können Unternehmen Risiken minimieren, Arbeitsunfälle verhindern und die Einhaltung von Gesetzen, Richtlinien und Vorschriften gewährleisten. In diesem Artikel wird wir die Bedeutung der Risikobeurteilung von Maschinen noch einmal herausgestellt und verdeutlicht.
von Andreas Schunkert 26. September 2023
2004 und damit vor fast 20 Jahren wurde der erste kollaborative Roboter, der LBR 3 verkauft. Da sollte man doch meinen, dass wir heute im Jahr 2023 kollaborative Roboter sicher einsetzen können und es umfängliche Regeln gibt, welche den Einsatz in den unterschiedlichsten Applikationen genau definieren. Leider ist es jedoch nicht ganz so. Zwar wurde 2016 (12 Jahre nach dem ersten Cobot auf dem Markt) die ISO TS 15066, mit Regeln für die Anwendung von kollaborativen Roboterapplikationen, veröffentlicht. Jedoch unterscheidet diese in ihrer Betrachtung nicht wirklich Applikationen bei denen ein Cobot tatsächlich 24/7 Seite an Seite mit einem Mitarbeiter zusammen arbeitet und solche Anwendungen, bei denen der Roboter zwar ohne Schutzzaun arbeitet aber eigentlich weit und breit kein Mitarbeiter in der Nähe ist. Schaut man in die ISO 12100 - Sicherheit von Maschinen - Risikobeurteilung und Risikominderung, so findet man dort, dass sich das Risiko aus den Faktoren "Schwere der möglichen Verletzung" und der "Wahrscheinlichkeit des Auftretens" zusammen setzt. Im letzteren Faktor sind die Aufenthaltsdauer im Gefahrenbereich, die Frequenz mit der man in den Gefahrenbereich eintritt und die Möglichkeit der Vermeidung des Schadens inkludiert. Schaut man nun in die ISO TS 15066, so findet sich dort in der Anlage A eine Auflistung an Kräften und Drücken welche den Schmerzeintritt definieren. Diese Werte werden nun seit Jahren für alle kollaborierenden Applikationen gleicher-maßen heran gezogen und als Obergrenze gesetzt. Ganz gleich ob die Applikation eine hohe Wahrscheinlichkeit einer Kollision zwischen Mensch und Roboter aufweist, da sich ein Mitarbeiter im normalen Arbeitsprozess ständig in der Nähe des Roboters aufhält, oder ob die Wahrscheinlichkeit eher gering ist, da der Cobot für sich alleine arbeitet und nur alle paar Stunden mal ein Mitarbeiter vorbei schaut und z.B. ein neues Tray bei einer Maschinenbeladung einlegt. Das Betrachten beider Applikationen mit den gleichen Maximalwerten für Kraft und Druck kommt mit Hinblick auf die oben beschriebene Ermittlung des Risikos nach ISO 12100 dem berühmten Vergleichen von Äpfel und Birnen gleich! Nehmen Sie einmal an, sie bewerten die Klemmung einer Hand nach der oben genannten ISO TS 15066. Nachfolgend ist hierzu ein Auszug aus der Anlage 1 dargestellt. Wie Sie sehen, wird hier die maximale Kraft mit 140N für eine Klemmung und einem transienten Faktor von 2 beziffert. Der transiente Faktor bezieht sich dabei auf eine zulässige Überhöhung in den ersten 0,5 Sekunden. Es dürfte so also bei einer Messung in einer Applikation 280N in den ersten 0,5 Sekunden auftreten und 140N nach 0,5 Sekunden. Liegt einer der beiden gemessenen Werte über diesen Werten so wäre die Applikation nach dieser Technischen Spezifikation (TS) als nicht sicher zu bewerten.
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